Donnerstag, 5. Dezember 2013

Deutschland ist bei der Antidiskriminierung noch ein Entwicklungsland

Das AGG wurde in Deutschland nur eingeführt, weil die EU es verlangt hat. Verinnerlicht hat die Politik den Gedanken dahinter immer noch nicht.

Am 25.3.2013 hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundesrat eine Kleine Anfrage über ethnische und rassistische Diskriminierung in Deutschland (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/129/1712919.pdf) an die Bundesregierung gerichtet.  Diese verfolgte das Anliegen, den weit verbreiteten Mangel an Anti-Diskriminierungsmaßnahmen zu durchleuchten und zu ergründen. Hier soll nun die Antwort auf diese Kleine Anfrage analysiert werden, mit dem Ziel, eine Verbesserung des Status quo durch zeitgerechte Vorgehensweisen zur Verminderung und Verhinderung von ethnischer und rassistischer Diskriminierung anzustoßen.
Die Bundesregierung bestätigt, dass Diskriminierungserfahrungen die Integrationsbereitschaft und die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Einwanderungsgeschichte beeinträchtigen.  

Wichtige Fakten, wie dass und vor allem, wie alarmierend hoch der Bedarf für Aufklärungs- und Anti-diskriminierungsmaßnahmen ist, erwähnt die Regierung in ihre Antwort aber selbstverständlich nicht. Warum in dieser Hinsicht so wenig getan wird, auch nicht.

Denn im Gegensatz zu „Integrationsmaßnahmen“ sind die Ressourcen, die in Anti-Diskriminierungsmaßnahmen gesteckt werden, sehr gering und extrem ineffizient. Politisch gesehen ist das verständlich, denn Anti-Diskriminierungsmaßnahmen sind sehr umstritten. Solche Maßnahmen setzen immerhin voraus, dass man die dominante Kultur, ihre Privilegien und ihren Einfluss auf die gesamte Gesellschaft durchleuchtet und hinterfragt. Es setzt auch voraus, dass man sich kritisch mit den eigenen Vorurteilen und Voreingenommenheiten auseinandersetzt - also keine leichte Aufgabe. Besonders nicht in Deutschland, wo so viel Nachholbedarf besteht. Es ist politisch viel sicherer und deshalb auch viel bequemer, sich über „Integration“ (auch wenn damit im Grunde genommen Assimilation gemeint ist) zu unterhalten und dementsprechend Maßnahmen zu treffen, die das Objekt—die vermeintlich zu Integrierenden—und deren Verhalten in den „Mittelpunkt“ rücken lassen.
„Integration“ ist offenbar wichtiger als Antidiskriminierung

Die Bundesregierung behauptet, dass „[…] weitere Maßnahmen bei Bedarf“ ergriffen werden sollen. Wenn das der Fall sein sollte, dann wäre man in Deutschland damit beschäftigt, überall Anti-Diskriminerungsstellen zu errichten, Mitbürger über ihre Rechte aufzuklären und sie zu ermutigen, das Recht auf Gleichberechtigung einzuklagen. Ein Zustand, der eindeutig sehr fern von der Realität liegt. Ganz im Gegenteil: Die Befürchtung, dass Menschen ihre Rechte einklagen, ist sehr präsent und wird auch eindeutig kommuniziert. Es gibt sogar Fälle, in denen das Einklagen von Rechten als Zeichen fehlender „Integrationsbereitschaft“ interpretiert wird.
In Deutschland wird an Anti-Diskriminierungsmaßnahmen nur so viel umgesetzt, wie nötig ist, um die von der EU aufgezwungenen Vorgaben zu befriedigen; also nur das Minimum tun und so wenig wie möglich negativ auffallen. Eine angemessene Bemühung, Diskriminierung auf dem Niveau zu verhindern, wie dies dem Ausmaß der tatsächlich vorhandenen Diskriminierung in Deutschland entsprechend der Fall sein müsste, ist nicht zu erkennen. Die Realität ist, dass Deutschland auch international einen sehr schlechten Ruf in Hinsicht auf Rassismus und Diskriminierung hat. Täuschungsmanöver in dieser Hinsicht werden weiterhin wenig helfen. Wenn der Status quo und somit auch das Ansehen Deutschlands in dieser Hinsicht verbessert werden sollen, muss da schon sehr viel mehr gemacht werden.  

Mehr dazu: http://i-blogger.de/deutschland-ist-bei-der-anti-diskriminierung-noch-ein-entwicklungsland/